Sonntag, 7. Oktober 2007
Sonntag, 29. Juli 2007
Hermesdorf
Um 1180 fällt die Gründung der Dörfer Hermesdorf (Hermannsdorf) und Kunzendorf. Gelegen unter der 632m hohen ,Heukoppe' am Altvatergebirge/Sudeten. Bereits 1239 wird urkundlich erwähnt, dass ein Teil Hermesdorfs bei einem Brand des Klosters Schönberg zerstört wurde. Mitte des 15. Jahrhunderts gelangt Hermesdorf in den Besitz Benedikts v. Waldstein; 1493 an Johann v. Zierotin. Während des Dreißigjährigen Krieges 1643 Plünderung der Gemeinde und 1646 Besetzung (General Wittenberg) durch die schwedischen Heere. 1866 nach der Schlacht bei Königgrätz preußische Besatzung durch die Brigade v. Knobelsdorf. 1889 Vereinigung der beiden Orte Nieder-Hermesdorf und Ober-Hermesdorf zur Gemeinde Hermesdorf mit einer Gesamteinwohnerzahl von 2838 Bewohnern in 232 Häusern. Ein sechs Kilometer langes typisches Waldhufendorf, dessen 62 Landwirtschaften das typische Viereck fränkischer Gehöfte aufweisen. Bis Ende des 1. Weltkrieges 1918 Teil der österreichisch-ungarischen k.u.k. Monarchie.
Basierend auf den 14 Punkten des amerikanischen Präsidenten Wilson zum Selbstbestimmungsrecht der Völker, erklärten die deutschbesiedelten Sudetengebiete den Verbleib bei Österreich und die Absicht, sich der ausgerufenen Republik Österreich anzuschließen. Ende Oktober kam es zur ersten Sitzung der zu gründenden Tschechoslowakischen Republik, die aber Anspruch auf die gesamten Sudeten(deutschen- )gebiete erhob und sie auch militärisch besetzte. (Volkszählung von 1910: 6,29 Mio. Tschechen - 3,73 Mio. Deutsche - 1,77 Mio. Slowaken - 0,87 Mio. Ungarn - 0,43 Mio. Andere). Die friedlichen Protestkundgebungen der Sudetendeutschen mit ihrer Forderung nach Selbstbestimmung wurden am 4. März 1919 durch tschechisches Militär und Polizei mit über 50 Toten blutig unterdrückt. Aufgrund des Münchner Abkommens zwischen Großbritannien, Frankreich, deren Parlamente mit überwältigender Mehrheit zustimmten, Italien und dem Deutschen Reich kamen die deutschsprachigen Randgebiete der CSR (Sudetenland) 1938 zum Deutschen Reich.
1945/46 wurden ausnahmslos fast alle, bis auf festgehaltene Spezialisten, der 90-prozentig deutschen Einwohnerzahl Hermesdorfs, wie ca. 3 Millionen Sudetendeutsche insgesamt, vertrieben. Mehrere Transporte mit Hermesdorfer Bürgern, z.T. mit vorheriger Internierung in dem berüchtigten Lager Hodolein b. Ölmütz, nochmals geplünderten 50 kg-Handgepäck und max. 500 Tschechischen-Kronen(1 Kc. = 12 Pfg.) gingen in Viehwaggons über mehrere Tage nach Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Hermesdorf hatte zuletzt 3021 Einwohner, davon 361 Tschechen und 30 anderer Nationalität. Unter tschechischer Verwaltung wurde Hermesdorf in die Kreisstadt Mährisch-Schönberg eingegliedert.
Nach dem Zusammenschluß der beiden Gemeinden (Nieder-/Ober-) standen folgende Bürgermeister/Vorsteher der vereinten Gemeinde Hermesdorf vor:
Josef Rotter 1889 - 1900
Johann Neumann 1900 - 1903
Florian Schubert 1903 - 1906
Johann Rotter 1906 - 1927
Wilhelm Schubert 1927-1938
Emil Tschödrich-Rotter 1938 - 1941
Hans Schwarzer 1941 - 1945
Als erster Gemeindevorsteher ist 1659 (Christoph Weihönig) erwähnt.
Gemeindevertretung 1933
Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei: 9 Mandate
Bund der Landwirte: 5 Mandate
Deutsche Christlich Soziale Volkspartei: 5 Mandate
Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei: 5 Mandate
Kommunistische Partei: 3 Mandate
Tschechische Minderheit: 2 Mandate
Deutsche Gewerbepartei: 1 Mandat
Durch die Tschechoslowakische Regierung wurden der Deutschen Nationalpartei und der Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei die Mandate aberkannt.
Opfer der Weltkriege und der Vertreibung wurden:
1. Weltkrieg (1914-1918) 57 Personen
2. Weltkrieg (1939-1945) 97 Personen
Vertreibung (1945-1946)
Buchmann, Robert
Rabenseifner, Marie
Freimann, Josef
Gabriel, Rudolf
Gronych, Josef
Klein, Berta
Klein, Johann
Klein, Johann jun,
Kubitschek, Franz
Schwab, Josef
Schwarzer, Florian
Schwarzer, Josef
Wirtschaft
Nordmähren zählte, neben seiner starken Industriealisierung, zu den bedeutendsten Zentren der Leinen- und Seidenindustrie der österreichisch-ungarischen Monarchie. In den Sudeten (deutschen-) gebieten wurde mehr als die Hälfte des gesamten Bruttoinlandsprodukts der CSR erwirtschaftet.
Im Jahre 1905 erwarb die Firma Willibald Lubich & Söhne die Seidenfabrik A. Schimitscheck in Hermesdorf und baute sie zu einer mechanischen Leinenwarenfabrik mit 180 Webstühlen aus. Beschäftigt wurden 400 Mitarbeiter.
Die Hermesdorfer Ziegelwerke, mit 100 Arbeitnehmern, erreichte einen jährlichen Gesamtausstoß von ca. 5 Millionen (Dach-) Ziegeln.
Zudem gab es einige mittelständische Gewerbebetriebe, wie z.B. : Kristallglasschleiferei, Lederwarenerzeugung, Seifen- und Kerzenerzeugung, Weißgerberei, Bürstenerzeugung.
Hermesdorf war Standort zweier mährischer Landes-Lehranstalten; der Landesackerbauschule und der Landeshaushaltungsschule.
Vereine
In der Gemeinde fand ein reges Vereinsleben statt, das sich in verschiedenen Organisationen
Freiwillige Feuerwehr
Turnverein "Jahn"
Katholischer Volksverein
Kameradschaftsverein Deutscher Kulturverband
Gesangsverein "Barden"
Arbeiter-Bildungsverein
Bund der Nordmährer
Konsum- und Sparverein
mit einer Reihe von Unterabteilungen, sowohl in sportlichen, kulturellen und sozialen Bereichen betätigte.
Persönlichkeiten:
Prof. Dr. Josef Schlesinger, geb. 31.12.1831
Professor an der Hochschule für Bodenkultur in Wien
Reichstagsabgeordneter der CSP (ChristI. Soziale Partei) im Österr. Parlament 1879-1895
Bezirksvorsteher des VIII. Wiener-Gemeindebezirks (Josefstadt)
P. Maurus Knappek
Benediktiner im Schottenstift in Wien
Administrator und Abt des Stiftes Altenburg/Österreich
Johann Rotter, geb. 17.04.1841
Abgeordneter des Mährischen Landtages
Josef Gieler, geb. 1823
Als Student beteiligt am 13. März 1848 am Barrikadenkampf in Wien zur Aufhebung des Untertänigkeitsverhältnisses der Bauernschaft. Zum Tode verurteilt, gelang ihm wie seinem Weggefährten, dem Bauernbefreier Hans Kudlich, die Flucht ins Ausland. Nach einem Amnestieerlass kehrte er aus Holländisch-Indien nach Hermesdorf zurück.
Otto Stöber, geb. 1902
Schriftsteller und Verleger. Gründete I. Esperantistenverein in Österreich und Buchgemeinschaft "Bücherwurm" Initiator des Moorforschungsinstitutes Bad Wimsbach-Neydharting (OÖ)
Pfarrer Josef Schubert (geweiht 1895) – tätig in Karlsdorf/Graz
Pfarrer P. Karl Matis (geweiht 1928) - Kooperator in Troppau
Patengemeinde:
Großen-Linden b. Gießen/Hessen seit 19. Juni 1971
Quelle:
Hermesdorfer Heimatbuch /Fitz-Druck u. Verlag - Rodenbach /Hessen 1975
Weiterführende Literatur:
Dedina, Sidonia:
"Der Phyrrhussieg des Eduard Benes" - ISBN 3-9808506-9-2
"Edvard Benesch der Liquidator" - Eichendorf Verlag - ISBN 3-930648-32-6
Stanek, Tomas:
"Persekuce 1945" - ISBN 8085241-99-44
Schmachtel, Fritz H.:
"Benes-Dekrete: Freibriefe der Selbstjustiz" - Gerhard Hess Verlag - ISBN 3-87336-343-7
Horakova, Daniela:
"Die Sudetendeutschen - die histor. Wahrheit und die gegenwärtige Entstellung der Tatsachen" - in: "Svedomi Conscience" (Monatsschrift)